Culture-Clash-Komödien der Gegenwart: Konzeptionen von Transkulturalität, Intrakulturalität und Gender in Türkisch für Anfänger, Fack ju Göhte und Zwei Familien auf der Palme
DOI:
https://doi.org/10.15475/skms.2015.1.3Abstract
Die erfolgreichsten deutschsprachigen Kino-Produktionen der Jahre 2012 und 2013 erzählen humoristisch von der interkulturellen Annäherung und Verpartnerung zwischen "Deutschen" und "Migranten mit deutschem Pass" -, so jedenfalls lautet die Bezeichnung in einem intradiegetischen fiktiven Beitrag des ARDONachtmagazins in TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER. Diese der Tagesschau-Redaktion unterstellte und von der offiziellen Sprachregelung "Menschen mit Migrationshintergrund" signifikant abweichende Wortwahl dient einer filmischen Kritik an der öffentlichen Rede über die bezeichneten Personen(-gruppen) in Deutschland, weil sie den Aspekt der (Neu-)Zuwanderung und systemischen Fremdheit bei Menschen ohne eigene Migrationserfahrung, die bereits in zweiter Generation deutsche Staatsangehörige sind, markiert. En passant und bar jeden Witzes attestiert der Film damit öffentlichen Instanzen - als eine solche wird die Tagesschau im Medienbereich wahrgenommen -, dass sie Personen die Anerkennung einer sozialen und kulturellen Zugehörigkeit verweigern, die faktisch deutsche Mitbürger sind und das Recht haben, als solche betrachtet zu werden: "Wo kommst'n her?" fragt der Deutschtürke Cem den Deutschgriechen Costa; "Steglitz", ist die selbstverständliche Antwort, während der Nachrichtenbeitrag im Film zwar eine juristisch-formale (deutscher Pass), nicht aber kulturelle deutsche Identität eben dieser beiden Figuren behauptet. Zentraler Gegenstand der filmischen Verhandlung in TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER ist damit das Verhältnis von Deutschen und Postmigranten - so der auch von der Bundeszentrale für politische Bildung aktuell bevorzugte Begriff, der nach Naika Foroutan einer "nationalen und kulturellen Mehrfachzugehörigkeit und -identifikation von Individuen" Rechnung trägt.